Weserfahrt September 2002
Im September 2002 ergab es
sich, dass ich an meinen Heimatfluss an der Quelle einsetzen konnte, oder
zumindest dem was man bei der Weser Quelle nennen könnte. Denn wo
Werra und Fulda sich küssen, sie ihren Namen lassen müssen,
wird die Weser aus diesen beiden Flüssen gespeist. Erschreckend idyllisch
und auf Touristen eingestellt ist Hann.
Münden nicht so ganz mein Ding und auf dem angrenzenden Campingplatz
werden Nicht-Dauercamper und Nicht-3 Wochen Bleiber als Durchreisende
betrachtet, machen Arbeit (?) bleiben aber nicht und der Preis für
die Übernachtung des Bootes übertrifft bei weitem das, was ich
für einen Zeltstellplatz auszugeben bereit bin.
Also belade ich trotz später Ankunft (16.00 Uhr + Kaffetrinken =
17.15 Uhr) noch schnell (?) das Boot und setze ein. Bei Nichtbenutzung
des Parkplatzes des Campingplatzes sogar kostenfrei am Schleusenschlengel
(dieser Campingplatz sollte sich mal...). Streng genommen setze ich also
in die Fulda ein und beim Passieren des Wesersteins erfasst mich sanft
die Werra und übergibt mich in die Obhut der Weser. Mit Freude nehme
ich die zügige Strömung war und erreiche so auch noch den nächsten
Zeltplatz vor der
Dämmerung. Hier in Hemeln
werde ich sehr freundlich aufgenommen und kann mit Zelt und Boot auf einer
Wiese direkt am Wasser nächtigen. Preis ok, Lage einmalig.
Früh morgens werde ich von wunderbarer Herbstsonne verwöhnt,
genieße mein Frühstück und mache mich vom Acker.
Hier oben trägt mich die Strömung zügig weiter flussabwärts.
Eigentlich passiert jetzt bis zur Porta
Westfalica nichts weiter Aufregendes mehr. Lediglich die Seite auf
der der Berg steht ändert sich ab und zu. Das Ufer zeigt sich auch
nicht wirklich abwechslungsreicher, teils Steinböschung an der man
nicht anlanden kann (der größte Teil des Weserufers sieht hier
so aus), teils sandige Buchten die etwas einladender sind. Da ich zeitlich
eingeschränkt bin, kann ich leider nicht am rechts- und linksufrigen
Kulturgut teilhaben, obwohl die Karte hier einiges vorgibt.
Hungrig bin ich auf der Suche nach einem Rastplatz, den ich auch kurz
hinter dem stillgelgten AKW Würgassen finde. Am Kühlwassereinlass
belustigt mich noch die ein Phänomen der deutschen Sprache und ich
grübele, ob nun "Elektrofischscheuchanlage" nach neuer
oder alter Rechtschreibung mit doppelt "sch" geschrieben wird.
Mit erfolgter Stärkung halte ich auf Höxter
zu um dort einen ehemaligen Kommilitonen zu treffen. Beim Wassersport
Höxter werde ich nett aufgenommen, habe das ganze Areal für
mich und das Wetter zeigt sich von der besten Seite. Dies beglückt
mich um diese Jahreszeit (Mitte September) doch sehr. 
Der folgende Tag bringt mich bis zum Campingplatz
in Grohnde. Größere Aufregungen bleiben mir "erspart"
und ich gewinne den Eindruck, dass der Oberlauf der Weser für "Kilometerfresser"
ganz nett ist. Verwöhnt durch die Vielfalt der Reviere um Berlin
fasse ich aber schon den Entschluss eine weitere Flusswanderung dieser
Art nicht wieder zu unternehmen. Glücklicherweise verschont mich
die Berufsschiffahrt und Motorbootfahrer frieren ja sowieso schon seit
4 Wochen. Also erfreue ich mich an der wenig wechselhaften Idylle

Tag vier lächelt gleich morgens um sechs schon nicht mehr so freundlich
und auf halbem Ende nach Hameln
ziehe ich auch das Regenzeug drüber. Mit dem schweren Kahn (Yukon
Expedition), der auch leer keine Rennziege ist, zieht es sich so kurz
vor dem Wehr Hameln ganz schön in die Länge. Einziges Highlight
des Tages, der sich später noch ganz und gar einregnen will, ist
hier die Bootsrutsche am Wehr. Neugierig teste ich das ganze mal "trocken"
an und löse einmal leer aus. Schleichend aber sicher macht sich Vorfeude
breit und ich verschwinde wieder im Boot. Nicht ganz ohne Aufregung ziehe
ich an der Leine, kriege grünes Licht und rausche runter.
Voll fröhlicher Verzückung unten angekommen plane ich die Wiederholung,
doch schwindet die Leichtigkeit des Bootes vom runterrutschen schneller
als das Glücksgefühl und erinnert mich an mein Gepäck.
Also nehme ich wieder Kurs zwischen den beiden Ufern (verfahren kann man
sich hier nicht). Nach und nach gewinnt der Regen Oberhand und es pieselt
stetig vor sich hin. Irgendwie wird man dann ja doch nach und nach nass.
Das Tagesziel wird in Frage gestellt und ich überlege wie lang ich
mir das jetzt wohl noch gebe. Die Karte ist erbarmungslos und signalisiert
den nächsten Nachtplatz
in Rinteln. In Großenwieden ist mir dann aber so kalt und hungrig
das ich beschließe zu pausieren. Des Wetters wegen nahm ich mein
zweites Frühstück im Boot und der kälte Wegen gähnte
mich meine Thermoskanne leer an. Kurzerhand koche ich also Tütensuppe
(Verzweiflung) und taue wieder auf. Mit Grausen vor den nächsten
Kilometern bis Rinteln
schmatze ich also wieder ins Boot (die Weser ist hier wärmer als
das Wasser von oben) und paddle lustlos dahin. In Rinteln bin ich dann
auch nicht der einzige der warme Schlafstatt sucht. Dankbar nehme ich
die Gelegenheit war das Zelt nicht aufbauen zu müssen und quartiere
mich mit im Matratzenlager auf dem Speicher ein.
Recht trüb empfängt mich die Porta
Westfalica am nächsten Tag.
Auch des Kaisers Denkmal hebt hier nicht die Stimmung. Nach den notwendigsten
Einkäufen (Kuchen) in Minden beeindruckt hat mich dann doch noch
die Flusskreuzung mit dem Mittellandkanal. In Petershagen
nächtige ich wieder direkt am Wasser. Der folgende Morgen begrüßt
mich mit Sonne und voller Vorfreude auf die faszinierend lange Bootsrutsche
setze ich ein. Naja, wie ich dann so an der Leine ziehe geht das Tor denn
auch runter. 20 cm. Das wars dann. Die Enttäuschung lässt mich
doch tatsächlich noch zehn Minuten hoffen es ändere sich noch
etwas an dieser Situation. Is aber nich. Also wieder raus, Boot auf den
Wagen und zu Fuß davongemacht.
Nach Minden lässt sich auch nicht
mehr diskutieren: Norddeutsche Tiefebene. Die Kühe sieht man nur
deshalb nicht weil man zu tief sitzt. Nun vermisse ich doch ein wenig
die Berglandschaft der vergangenen Tage und stelle mit Erschrecken fest,
dass diese ereignislose Umgebung durch die einschlafende Strömung
unterstrichen wird. So zieht sich das Ende bis Nienburg lang und länger
hin. Wenigstens beschert die Sonne noch einige nette Momente. Auch
nach der Staustufe Schlüsselburg nimmt die Strömung nicht wirklich
wieder zu und so sehne ich mich doch noch lang nach Nienburg.
Die Wettervorhersagen sind sich nicht so richtig einig ob es nun morgen
regnen soll oder nicht, nur beim Wind sind sie sich einig: viel. Also
denke ich hin und her ob ich bis zum angepeilten Ziel fahre oder mich
abholen lassen soll. Die Halsschmerzen am morgen erklären mir den
Abbruch hier beim Kanu-Club
in Nienburg. Ein wenig traurig bin ich, wollte ich doch bis zu meiner
alten Heimatstadt Brake
fahren. Also gönne ich mir etwas Gutes und bin schon um sechs beim
Bäcker. Zum Frühstück scheint schon die Sonne und ich döse
vorm Zelt. Nicht ganz ohne Genugtuung gelingt es mir, meine Eltern aus
dem Bett zu klingeln (war zwanzig Jahre eher nicht der Fall) und bitte
um Abholung. Naja, und weil das Kind so selten kommt wird dem Wunsch auch
Folge geleistet und mit dem ganzen Kladderadatsch ins Auto verfachtet.
Fazit
Die Ober- und Mittelweser muss
ich nicht noch mal haben. Wer die Zeit hat, die Örtchen entlang des
Ufers zu besuchen wird diesem Törn etwas abgewinnen können.
Wer Kilometer sammelt auch. Wasserqualität, Berufschiffahrt und Kraftwerke
zeugen aber von der industriellen Nutzung der Weser. Kaum ein Kilometer
mit naturbelassenem Ufer. Aber vielleicht sind Flüsse wo man nur
in eine Richtung fahren kann einfach nicht mein Ding. Aus meiner früheren
Segelerfahrung kann ich nur bemerken, dass die Unterweser deutlich spannender
ist und ich kann Sie jedem empfehlen, der in der Lage ist ein Tidegewässer
mit Großschiffverkehr zu befahren.
|